„Aufgewärmte News“
2009 Performative Kochveranstaltungen in der Roten Fabrik, Zürich // Dock 18 mit Mario Purkatshofer
Meinrad Feuchter wärmt mithilfe von 3 Mikrowellengeräten (Modell News, Blick am Abend und 20 Minuten) bereits in die Tage gekommene News und Popcorn auf. Nicht essen, nicht vergessen!
Wir verschlingen täglich die Neuigkeiten unserer Informationsprovider, Zeitungsverleger, Bildagenturen und Instant-Redaktionen. Diese News sind nur allzu oft Produkte einer ausgeklügelten Ernährungskampagne für Informationsgesellschaften. Zusätzlich zu den Kalorien, die von den Menschen in derartigen Gesellschaften eingenommen werden müssen, benötigen diese Informationen. Hat bei Stefan Zweig’s Schachnovelle das Schachbrett noch ausgereicht (die etwas intellektuellere Variante) um in Gefangenschaft geistig nicht auszubluten, benötigen die Bewohner und Besucher von Informationskulturen permanente Information -u. Informationsflüsse. Die verfügbare Arbeit besteht zu einem grossen Teil aus Informationsverarbeitung. Selbst der Arbeitsweg wird informatisiert und durch die Zurverfügungstellung von Gratiszeitungen und schnell konsumierbaren Informationen zu einem Informationserlebnis. Wer einmal ohne Information bleibt wird zappelig (Entzugserscheinungen) und bleibt von sozialen oder politischen Prozessen ausgeschlossen. Information ist damit eine Ernährung (in der Maslowschen Bedürfnispyramide ganz oben angesiedelt).
Diese Informationen sollen möglichst direkt zum Konsumenten gelangen. Zur Distributionsstrategie zählen Zeitungsspender, sogenannte Dispencer, die möglichst in jeder Strasse angebracht sind und damit in den Wohnquartieren die Verpflegung mit Information ermöglicht. Andere Medien verzichten auf diese Art und stellen die Informationen direkt per Postwurf zu. Ziel ist dabei die Information immer näher in den Haushalt und an den Küchentisch zu bringen. Glasfaserkabel und Internet ermöglichen eine noch direktere Adressierung der Informationen, die wir On Demand konsumieren.
Meinrad Feuchter hat eine Maschine gebaut, mit deren Hilfe Neuigkeiten aufgewärmt werden können. Er bedient sich dabei einer bekannten Technologie: der Mikrowelle und verändert sie insofern, als dass er sie als Dispender kennzeichnet (20 Minuten, Blick am Abend, News). Dadurch ist es möglich seine eigenen Newsgerichte aufzuwärmen. Die Mikrowelle erscheint dabei als geeignetes Instrument, denn richtig heisse Informationen finden wir nur selten.
In diesem Sinne interpretiert Feuchter den Zugang zur Information. Neben heissen und kalten Medien sind wir umgeben von lauwarmen Medien. Die Geräte von Feuchter bringen diese neue Unterhaltungsform von Information auf den Punkt. Lauwarme Medien produzieren lauwarme Informationen. Medien, die Vorgekochtes auf eine mittlere Temperatur bringen, über die wir kaum Lachen können oder die das Lachen bereits vorwegnehmen (Intersubjektivität). Diese Medien tun quasi so, als ob wir es mit heissen Informationen zu tun hätten, sind aber weder heiss noch kalt. Mario Purkatshofer
Kulturtv: kultpavillon